Stellungnahme und Forderung der Weiß Aufzüge GmbH zu Mangelpunkt 712 – Konkretisierung des EK ZÜS Beschlusses BA-002rev4 bezüglich eines möglichen Gefährdungspotentials

Seit dem 01.08.2016 werden Aufzugsanlagen gemäß oben genanntem Beschluss im Zuge der Haupt- bzw. Zwischenprüfung mit 22 Punkten nach Gefährdungen / Gefährdungssituationen hinsichtlich dem sicheren Betrieb nach dem Stand der Technik überprüft. Bei festgestellten Abweichungen zum Stand der Technik wird folgender Mangel aufgeführt:

Die Anlage kann hinsichtlich nachfolgender Gefährdungen / Gefährdungssituationen nicht uneingeschränkt sicher nach dem Stand der Technik verwendet werden.

Quelle: VdTÜV-Leitfaden - Sichere Verwendung von Aufzugsanlagen - Anpassung an den Stand der Technik - 2016-08-01 - siehe Beiblatt (Mangelpunkt 712)
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Und jetzt ?

Aufgrund der augenblicklich unklaren Situation betreffend dem »Stand der Technik« empfehlen wir unseren Kunden, nicht voreilig zu handeln und vorerst die Konkretisierung der zu treffenden Maßnahmen/Auflagen abzuwarten. Wir befinden uns in der Aufzugsbranche derzeit in einer Übergangsphase von DIN EN 81-1/2 (A3) zur DIN EN 81-20/50. Beide europäische Normen werden derzeit im Bereich neuer Aufzugsanlagen angewendet.

Bei Modernisierungen und Instandhaltungen findet die TRBS 1121 (Änderung und wesentliche Änderung von Aufzugsanlagen) Anwendung. Diese TRBS basiert jedoch auf der auslaufenden DIN EN 81-1/2. Daraus ergibt sich derzeit eine Diskrepanz, in welcher Form Maßnahmen nach dem Stand der Technik ergriffen werden müssen, bzw. was ist der Stand der Technik?

Beispiel gefällig?

Im Zuge der 22 Punkte Prüfung wird die fehlende Inspektionssteuerung auf dem Fahrkorbdach festgestellt. Bei diesen Anlagentypen handelt es sich in der Regel um Relaissteuerungen aus den 1960'ern. Die Nachrüstung dieser Inspektionseinheit ist in diesen Fällen wirtschaftlich nicht mehr rentabel (energetische Aspekte hier einmal überhaupt nicht berücksichtigt). Also - eine neue Steuerung muß angeboten werden. Nun kommt die oben bereits gestellte Frage ins Spiel: auf welcher Basis wird das Angebot erstellt bzw. müssen die Maßnahmen ausgeführt werden?

Die TRBS gibt hier erst einmal klare Angaben zum benötigten Leistungsumfang bei der Erneuerung einer kompletten Steuerung (TRBS 1121 – Punkt 8.1b).

Aber, der "Stand der Technik" (die DIN EN 81-20/50) sieht im Bereich der Steuerungen und dazugehörigen Peripherien noch einige andere Punkte vor wie z.B. zusätzliche Inspektionssteuerstelle in der Schachtgrube + zusätzliches Notlicht auf der Kabine und in der Grube usw..

Natürlich wird die Modernisierung im Zuge der Abnahme nach Änderung bei ordentlich ausgeführter Arbeit mängelfrei von der beauftragten ZÜS abgenommen. Aber wer gibt Ihnen und uns die Garantie, daß nach einer Novellierung der TRBS 1121 bzw. einer weiteren Überarbeitung des EK-ZÜS Beschlusses diese durchgeführte Maßnahme nicht in kurzer Zeit aufgrund von Abweichungen bemängelt wird?

Unsere Empfehlung an Aufzugsbetreiber

Wir müssen davon ausgehen, daß die Überarbeitung der TRBS 1121 in naher Zukunft erfolgt und somit der neue Umfang im Bereich der Modernisierungen und Instandhaltungen festgelegt wird.

Die ZÜS'en selbst verweisen stellenweise auf Ihren Internetseiten bereits darauf, daß in Bezug auf Mangel 712 derzeit kein Handlungsbedarf besteht und wir empfehlen Ihnen auch, die Sache vorerst beruhen zu lassen. Sollten Sie aufgrund eines technischen Defekts neue Baugruppen, wie z.B. eine neue Steuerung, benötigen empfehlen wir Ihnen, diese nach der DIN EN 81-20/50 ausführen zu lassen. Es ist mit Sicherheit die momentan etwas kostenintensivere Lösung, jedoch nach der neuen Norm.

Aufforderung an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS)

Aktuell finden wir folgende Situation vor:
a) die zugelassenen Überwachungsstellen (ZÜS) sind zur Durchführung dieser Aufnahme von möglichen Gefährdungen verpflichtet
b) die Betreiber von Aufzugsanlagen werden verunsichert und verlieren sogar möglicherweise rechtliche und versicherungstechnische Sicherheit beim Betrieb Ihrer Anlage

Wir fordern hiermit die beteiligten Gremien und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales dringend auf, im Zuge der aktuellen Überarbeitung der Betriebssicherheitsverordnung 2015 dieses Thema vordringlich zu behandeln. Benötigt wird zeitnah Klarheit zum Begriff »Stand der Technik« im Sinne eines – auch in der Zukunft – praktisch anwendbaren Regelwerks und der Gewährleistung von Rechtssicherheit für die Betreiber von Aufzugsanlagen, die zugelassenen Überwachungsstellen und die Aufzugsunternehmen.